Dr. Gustaf Wethly

(* 9. November 1866 in Mülhausen; † 9. Mai 1937 in Straßburg)

Biographie

Gustaf Wethly wurde am 9. November 1866 in Mülhausen im Oberelsass geboren. Seine Eltern waren Schweizer, die sich 1852 in Mülhausen niedergelassen hatten, aber ihre schweizerische Staatsangehörigkeit bewahrten.
Bereits in jungen Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für Literatur. Er vertiefte sich in die Werke von Montesquieu, Voltaire, Rousseau und Lessing, der ihm ein lebenslanger Leitstern wurde. Shakespeare las er im englischen Original, ebenso wie die „History of England„ und die „Essays„ von Macaulay. Diese intensive Auseinandersetzung mit Literatur prägte ihn nachhaltig.
Nach dem Besuch des Gymnasiums seiner Heimatstadt, das er mit dem Reifezeugnis abschloss, war seine Begeisterung für Geschichte, Literatur und Sprache bereits stark ausgeprägt.

Universitätsstudium und frühe wissenschaftliche Arbeiten


Im Oktober 1887 begann Wethly sein Studium an der Universität Straßburg mit den Fächern klassische Philologie und Philosophie. Bald erweiterte er seine Studien um Germanistik unter der Leitung von Professor Martin. Seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten galten der elsässischen Sprachforschung, darunter eine Analyse von Alsa­tismen in den Werken Fischarts sowie ein Wörterbuch zu den „Straßburger Zunft- und Polizeiakten des 12. und 13. Jahrhunderts„.
Er beschäftigte sich intensiv mit indogermanischer Sprachvergleichung und Sanskrit und war über drei Semester hinweg der einzige Schüler von Professor Hübschmann in diesem Fach. Zudem besuchte er Vorlesungen zu Staatsrecht und Nationalökonomie.
1891 promovierte Wethly mit der Dissertation „Hieronymus Boner, ein Kolmarer Humanist: Leben, Werke und Sprache„ in den Fächern Germanistik, Linguistik, Sanskrit und Griechisch. Ein Jahr später legte er die Staatsprüfung pro facultate docendi ab, trat jedoch nie in den Staatsdienst ein.

Lehrtätigkeit und Eintritt in die Theaterkritik


Stattdessen arbeitete er sechs Jahre lang an der Riepe’schen Privathandelsschule als Lehrer für Deutsch, Französisch, Englisch, Geschichte und Mathematik. Anschließend wurde er wissenschaftlicher Leiter im Dr. Haenle’schen Institut, wo er hauptsächlich erwachsene Schüler unterrichtete, die sich auf das Medizinstudium oder die Jurisprudenz vorbereiteten. Neben Latein und Griechisch führte er als Neuerung auch Politik und Zeitungskunde in den Unterricht ein.
Durch einen Zufall fand er schließlich zu seiner wahren Berufung: der Theaterkritik. Bei den regelmäßigen Treffen der Germanistik- und Linguistikstudenten lernte er den Schauspieler Franz Peschei kennen, der ihm vorschlug, eine Vorbesprechung zu Gerhart Hauptmanns „Die versunkene Glocke„ für die Straßburger Bürgerzeitung zu schreiben. Der Artikel kam gut an, und Wethly wurde als Schauspielkritiker verpflichtet.

Engagement für die moderne Literatur


Von 1894 bis 1918 prägte Wethly als Kritiker das kulturelle Leben Straßburgs. Sein Ziel war es, die Bühne für moderne Dramen zu öffnen und die literarische Gegenwart zu fördern. Besonders setzte er sich für die Werke von Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann und Arthur Schnitzler ein. Seine Kritiken forderten nicht nur eine zeitgemäße Inszenierung, sondern auch eine moderne Bühnenausstattung, für die er unermüdlich kämpfte.
Seine Gedanken zu diesem Kampf veröffentlichte er in seinem Buch „Dramen der Gegenwart. Kritische Studien„ (Ludolf Beust Verlagsbuchhandlung, 1903), in dem er die Entwicklung des zeitgenössischen Dramas analysierte. Die Gebrüder Riedel, Besitzer der Bürgerzeitung, gewährten ihm völlige Publikationsfreiheit, was ihm ermöglichte, seine Ansichten ohne Einschränkungen zu verbreiten.
Neben seiner journalistischen Tätigkeit setzte er sich durch öffentliche Vorträge für Literatur und Geschichte ein. Er gründete die Gesellschaft der Freunde der Dichtkunst, die im großen Aubettesaal eintrittsfreie Dichterabende veranstaltete. Während des Ersten Weltkriegs hielt er zahlreiche Vorträge über Literatur und Geschichte, wobei er trotz kritischer Töne von der Zensur weitgehend verschont blieb.

Späte Jahre und schriftstellerische Tätigkeit


Nach dem Krieg wurde das Dr. Haenle’sche Institut geschlossen, und Wethly zog sich weitgehend zurück. Während seiner 16 Jahre währenden Zurückgezogenheit erhielt er gelegentlich Besuch ehemaliger Schüler.
Obwohl seine Kritiken viel Zeit in Anspruch nahmen, hinterließ er auch eine Reihe von literaturwissenschaftlichen Werken. Neben „Dramen der Gegenwart„ veröffentlichte er 1905 „Schiller und seine Idee von der Freiheit„ und 1911 „Heinrich von Kleist, der Dramatiker„. Weitere kleinere Werke widmete er Heinrich Heine und Henrik Ibsen.
Ab 1928 war er Mitglied der Elsass-Lothringischen Wissenschaftlichen Gesellschaft und publizierte mehrere Artikel über Schauspielkunst, Ästhetik und Humor. Zu seinen letzten Arbeiten gehörte die geplante Untersuchung über die deutsche und französische Dramatik auf der Straßburger Bühne von 1894 bis 1918.

Tod und Vermächtnis


Gustaf Wethly verstarb am 9. Mai 1937 in Straßburg und wurde auf dem Friedhof Saint-Hélène beigesetzt.

Lebensdaten

Lebensdaten:
(* 9. November 1866 in Mülhausen; † 9. Mai 1937 in Straßburg)
Geburtsort:
Mülhausen
Sterbeort:
Straßburg
Nationalität:
Deutschland

Berufe

  • Lehrer
  • Schriftsteller
  • Theaterkritiker

Werke

  • Heinrich Heine. (1910)

Weitere Namen

  • Frédéric Gustave Wethli
  • G. Wethly
  • Gustaf Wethly
  • Gustav Wethli
  • Gustav Wethly
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